richblog 0012: Lesen bildet (1)

2011-08-14


Das Handelsregister Neuss gibt bekannt:

HRB 8215 -  11.06.2011: B & G Vermögensberatung GmbH, Neuss. Die Gesellschaft ist gemäß § 394 FamFG wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht. *

Das heißt, die Vermögensberater haben keine Kohle mehr?

Wie kann man als Vermögensberater pleite gehen?

Oder vielleicht anders rum: Wie kann man Vermögensberater werden, wenn man keine Ahnung hat, wie man an Geld kommt und es zusammenhält?

Kommt mir vor, als würde ich eine Musikschule gründen – und bei der Eröffnungsparty, wenn alle Eltern schon das Schulgeld für ihre künftigen André Rieus und Vanessa Maes gezahlt haben, der Versammlung gestehen, dass ich, nach mittlerweile 41-jähriger Tätigkeit als Musiker, leider immer noch keine Noten lesen kann.

„Ja, mein Gott, Herr Schwab! Wovon haben Sie denn gelebt, all die Jahre?!“

„Ach, wissen Sie, gute Frau, ich sage nur B und G.“

„Die Noten? Das sind die einzigen Noten, die Sie kennen?!“

„Nein, ich meine die B & G GmbH. Das waren immer meine Vermögensberater.“

Beruhigtes Aufatmen. Der Mann kennt sich aus.

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22 % der Deutschen finden es richtig, dass Deutschland Leopard-Panzer an Saudi-Arabien liefert. **

100 % des Opas fänden es richtig, wenn 22 % der Deutschen bei der Lieferung gleich mitfahren würden.

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US-Universitäten kaufen billige Agrarflächen (z.B. in Äthiopien) und nehmen dafür die Vertreibung von Bewohnern in Kauf. Die Hochschulen, allen voran Harvard, reichste Universität der Welt, sehen darin ein gutes Investment, das sie über Hedgefonds abwickeln. ***

So kann man sich irren. Und selbst als Opa noch dazulernen. Seit Jahren plädiere ich dafür, dass mehr für Bildung getan, mehr in Bildung investiert wird. Zumindest, wenn man aus dieser Welt einen bewohnbareren Ort machen will.

Und jetzt muss ich sehen, dass auch das einen Scheißdreck nützt.

Auf jeden Fall dann nämlich, wenn Bildung nicht auch Charakter- und Herzensbildung bedeutet. Und im und neben dem Rechenunterricht nicht auch vermittelt wird, dass es einen Unterschied gibt zwischen gut und schlecht, zwischen gutem Rechnen und schlechtem Rechnen, zwischen sinnvoller Geldverwaltung und Gier.

Moment ... Hab ich gerade sinnvolle Geldverwaltung geschrieben ...?

Der Opa wird alt.

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Und bedauert, dass Russland nicht von Trittin, sondern von Putin regiert wird. Dort wurde Bier bisher anscheinend aus Blecheimern getrunken, aber ein neues Gesetz besagt nun, dass Bierdosen und -flaschen nur noch höchstens 0,33 Liter enthalten dürfen – weil der Kreml den Alkoholkonsum limitieren will. Hintergrund: Bisher galt Bier als Nahrungsmittel. Die Gesetzesänderung, Teil der strengsten Anti-Alkohol-Kampagne seit dem Ende der Sowjetunion, trat jetzt in Kraft. Die Russen zählen zu den trinkfreudigsten Menschen weltweit und konsumieren mehr als 18 Liter reinen Alkohol pro Kopf und Jahr, das Doppelte des von der WHO empfohlenen Grenzwerts. ****

Wie Gesetzesausbrüter auf die Idee kommen können, der Opa, wäre er Russe, würde weniger saufen, wenn er statt drei 5-l-Eimern fünfundvierzig 0,33-l-Dosen nach Hause schleppen müsste, bleibt ihm weitgehend schleierhaft. Es muss irgendein noch nicht identifiziertes Gesetzesausbrüter-Gen geben, das logisches und/oder realitätsbezogenes Denken behindert. (Nein, ich fange jetzt nicht schon wieder mit dem Rauchverbot in Kneipen an!)

Was mich allerdings auch stutzig macht, ist die WHO-Empfehlung (WHO ist übrigens die Weltgesundheitsorganisation). Neun Liter reiner Alkohol. Pro Kopf und Jahr. Da werde ich mich für den Rest des Jahres aber noch ordentlich ranhalten müssen.

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Apropos Investieren: Gerade erfahre ich aus der Tagesschau, dass Bayern München für die gerade beginnende Bundesliga-Saison 44 Millionen Ören für neue Spieler ausgegeben hat. In Worten: Vierundvierzig. Millionen. Euro.

Für Fußballspieler.

Nä. Da sagt der Opa lieber nix zu. Da isser quasi sprachlos. Kopfschüttelnd.

Und feixend: Das war eine Information im Verlaufe eines Berichts über den ersten Spieltag. An dem die Bayern sich von Borussia Mönchengladbach mit einem 0:1 nach Hause schicken lassen mussten.

Ach, nee – die waren ja schon zu Hause.


     *     Gefunden im IHK-Magazin 08.11

** Gefunden im stern 29/2011

*** Gefunden im stern 29/2011

**** Gefunden in GEO 08/2011


’ne schöne Jrooß - Rich